Andacht
Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Jakobus 1,22
(Monatsspruch für Oktober)
Als Katharina von Bora werde ich am 31. Oktober gemeinsam mit unserer Gemeindepädagogin Maureen Müller-Raubold vor der Leisniger Stadtkirche Sankt Matthäi Junge und Alte, Familien und Alleinstehende begrüßen. Gespannt sind wir, ob an diesem Nachmittag 500 Reformationsbrötchen für Leisnig und die umliegenden Dörfer zusammen kommen werden.
Die Zahl 500 spielt auf den 500. Geburtstag der Leisniger Kastenordnung an. Eine Kopie halte ich als Katharina von Bora auf dem Titelbild des Gemeindebriefs in den Händen.
1522/1523 hatten sich die Leisniger gefragt, wie sie Gottes Wort konkret vor Ort umsetzen sowie eigene Pfarrer bezahlen können. So entstand in Leisnig das älteste evangelische Sozialpapier, die Leisniger Kastenordnung. In einem Kasten, also einer großen Truhe, sollten alle Einnahmen aus Stiftungen und Einkünften, das Vermögen der Pfarrkirche sowie alle Gebühren und Spenden eingelegt werden.
Der gewählte Vorstand aus zwei Ratsherren, zwei Adligen, drei Bürgern und drei Bauern verwaltete diesen Kasten, der mit vier Schlössern gesichert wurde.
In der Leisniger Kastenordnung war festgelegt, wem die Finanzen zu Gute kommen sollten. Natürlich galt es, die vor Ort gewählten Pfarrer zu bezahlen, ebenfalls Lehrer, damit Jungen und Mädchen unterrichtet werden konnten. Außerdem hatte man Kranke, Witwen, Weise, arme Gemeindeglieder wie bedürftige Fremde im Blick. Dank des Leisniger Kastens konnten Kredite für Kleinunternehmen ermöglicht und ein Getreidevorrat angelegt werden.
Nach dem verheerenden Hochwasser 2002 gab es in Anlehnung an den Leisniger Kasten ein gemeinsames Konto von der Stadt Leisnig, auf das auch alle Spenden der Kirchengemeinde eingingen. Gemeinsam wurde dann überlegt, wie die Gelder bestmöglich verteilt werden. Andere halfen tatkräftig mit, um die Schäden zu beseitigen. Und die Kirche öffnete ihre Türen, so dass seit 2002 jährlich eine Benefizgala veranstaltet werden kann, dessen Einnahmen sozialen Projekten zu Gute kommt.
Zum diesjährigen Reformationstag wollen wir nicht nur den 500. Geburtstag des ältesten evangelischen Sozialpapiers feiern, sondern überlegen, wie jede und jeder von uns heutzutage aktiv werden kann.
Doch bevor die Ideen auf einer Thesenwand gesammelt werden, darf kräftig gebacken werden. Oder man unterstützt den Bäcker vor Ort. Immerhin sollen 500 Reformationsbrötchen zusammenkommen. Einige werden wir uns beim gemeinsamen Kaffeetrinken schmecken lassen. Die restlichen Reformationsbrötchen werden wir dann in beschriftete Tüten einzeln verpacken und in Leisnig und Umgebung verschenken.
So erfahren die Beschenkten, worum es am 31. Oktober geht und dass Gottes frohe Botschaft auch uns gilt.
In der Hoffnung, dass viele mithelfen und auch ihre Angehörigen und Freunde zum bunten Programm nach Leisnig mitbringen, grüßt Sie
Ihre Pfarrerin Katja Heyroth